Ich lernte Roswitha F. In einem meiner Seminare im Meditationszentrum „Elfengleich“ in der Uckermark kennen. Roswitha war eine 58-jährige Frau, die nach der Scheidung von ihrem Mann nach 32 Jahren Ehe auf der Suche nach ihrem eigentlichen Selbst zu mir gestoßen war.
Doch der eigentliche Bruch in ihrer Biografie, das wirklich traumatische, das Roswithas traurige Aura und gebrochene Seele bestimmen sollte, war erst wenige Stunden vor ihrer Ankunft bei mir geschehen. Wie viele von uns ist Roswitha eine Frau, die sehr feinfühlig ist und sich nicht nur um sich, sondern auch um das Wohl ihrer Umwelt sorgt. Daher verreiste sie nur sehr selten mit dem Auto oder dem Flugzeug, sondern genoss schon immer die Ruhe und die Möglichkeit der Begegnung mit anderen Seelen, die ihr eine Reise mit der Bahn darbot.
Doch besagte Fahrt sollte für sie alles andere als ruhig verlaufen. Gequälte Kinder, eine defekte Klimaanlage, ein geschlossenes Bordbistro und viele weitere kleine schicksalhafte Fügungen führten zur Entgleisung des seelischen Gleichgewichts dieser sensiblen Frau. Es war, als hätten sich die Erzengel für einen Tag versteckt und den Dämonen der Finsternis das Feld überlassen. Um unser eigenes Seelenheil dadurch nicht ins Wanken zu bringen, wollen wir nicht alle Details dieser unheilvollen Erfahrung schildern und es hierbei belassen.
So stand Roswitha F. an eben jenem Anreisetag mit zwanzig Minuten Verspätung und einer getrübten Aura vor mir. Sie strahlte auf mich unweigerlich eine negative Energie aus, der ich ohne meine jahrelange Erfahrung als Lebensberaterin und Heilpraktikerin nicht hätte begegnen können. Das Erlebte ließ die eigentlich schön gebaute und würdevoll gealterte Frau unattraktiv und lustlos wirken. Diese negativen Energien blieben auch den anderen Teilnehmerinnen nicht verborgen. Um deren Auren zu schützen, wandte ich mich Roswitha F. zunächst in einem persönlichen Gespräch zu. Wir kamen gemeinsam überein, dass ihre negativen Energien in der Gruppe derzeit keinen Platz hätten, und Roswitha entschied sich daher, freiwillig den ersten Abend und den ersten Morgen bis zur Einführungssitzung mit den Elefanten in Isolation zu verbringen.
Am nächsten Morgen liefen wir bei Tagesanbruch los, um die Elefantenherde des Dickhäutergestütes meiner Schwester Erika zu besuchen und mit den Tieren erste Übungen durchzuführen. Diese Tiere sind selbstverständlich nicht irgendwelche Elefanten. Das Gestüt meiner Schwester ist ein natürliches Reservat für Tiere, die in der schroffen deutschen Natur nicht hätten überleben können. Um aber aus einem Elefanten einen Erholungselefanten zu machen, der uns zu der inneren Glückseligkeit verhilft, die wir so sehr vermissen, bedarf es einiger behutsamer Lehrjahre, die von meinem Lebenspartner Eberhardt und mir gestaltet werden.
Diese sorgsam ausgebildeten sanften Wesen warteten nun in einem idyllischen Tal auf uns, zwei Kilometer jenseits aller Zivilisation. Bereits die Beobachtungen aus der Ferne lösten bei vielen meiner Teilnehmerinnen eine wahre Energiewelle der Glückseligkeit aus. Doch Roswitha F.s Aura blieb weiterhin trüb und verdunkelt. Mit meiner einzigartigen Einfühlsamkeit bemerkte ich schnell, dass dieses bemitleidenswerte und traurige Wesen die ganze Kraft der Erholungselefanten benötigen würde, um ihre Energien wieder in den richtigen Fluss zu bringen. Ich entschied daher spontan und völlig ohne Vorbereitung, dass Roswitha F. die Erste sein sollte, die mit mir die Nähe der zarten Riesen suchen durfte.
Ich nahm sie behutsam bei der Hand und führte sie mit mir auf die Weide. Gemeinsam näherten wir uns dem ersten Elefanten. Antonella ist einer meiner erfahrensten Erholungselefanten und eines der sanftmütigsten und liebevollsten Wesen, das auf dieser Erde sein Zuhause hat! Doch auch für Antonella war die verdunkelte Aura meines Schützlings eine Herausforderung. Sie wich zunächst zurück, doch durch meine beruhigenden Gesten und ihr sorgsames Training war es diesem engelsgleichen Tier möglich, sich Roswitha F. zu nähern. Unter meiner Führung schaffte es Roswitha, Antonella tief in die Augen zu schauen. Ich bemerkte sofort, wie ein kleiner Teil ihrer Anspannung sich auflöste und sich ihre Aura zusehends aufhellte. Ich stellte mich hinter sie und legte ihr eine Kette mit einem kleinen Elefantenanhänger aus Elfenbein um. Dieses Amulett dient uns als Speicher für die positiven Energien, die die Erholungselefanten uns übertragen. Durch ein solches Token ist es uns möglich, das Erlebte mitzunehmen und immer wieder darauf zurückzugreifen.
Meine Arbeit mit Roswitha F. war nach diesem Tag noch nicht zu Ende - doch die ersten Schritte waren getan. Mit jedem Besuch bei den Elefanten veränderte sich das Auftreten und die Ausstrahlung dieser spannenden Frau, die Tag für Tag ein bisschen mehr zurück zu einer positiven und lustvollen Energie fand. Diese konnte sie letztendlich im tantrischen Begleitseminar meines Lebenspartners Heinz-Dieter ausleben.
Nach ihrer Abreise blieben wir noch eine Weile in Kontakt. Roswitha berichtete mir, dass sie nun mit Elli, einer zarten Elefantendame aus dem Dickhäutergestüt meiner Schwester Erika in München lebe und wieder Freude an Reisen mit der Bahn verspüre. Der Vermieter wäre zunächst skeptisch gewesen, aber, so verriet sie mir, nachdem er selbst einige Stunden mit Elli verbracht habe, war er gerne bereit, die Bausubstanz des Hauses auf eigene Kosten zu verstärken und so das heilsame Zusammenleben der beiden zu ermöglichen.